In unserem ersten Tutorial zur Bildbearbeitung zeigen wir Euch alle Bearbeitungsschritte vom importierten (RAW-) bis zum fertigen Bild. Bei der Bildbearbeitung arbeiten wir normalerweise immer "zweistufig", d.h. Grundbearbeitung in Lightroom und Finish in Photoshop. Für den Anfang zeigen wir Euch wie man in Lightroom zu einem ansehnlichen Ergebnis kommt - nämlich diesem hier:
Beginnen wir mit dem Ausgangsbild, welches als Rohdatei (RAW) in Lightroom importiert und dabei in das DNG-Format konvertiert wurde. Wir arbeiten aktuell mit Lightroom 5, daher sind die Bearbeitungsschritte entsprechend an dieser Version ausgerichtet. Im Ausgangsbild sind alle Einstellungen zurückgesetzt. Ihr könnt alle gezeigten Screenshots von den Einstellungen vergrößern, indem Ihr auf das Bild klickt.
Für die Beurteilung von Tiefen und Lichtern, d.h. von hellen und dunklen Bildbereichen, aktivieren wir zunächst die "Tiefenbeschneidung" und "Lichterbeschneidung" im Histogrammbereich. Dieses Feature wird uns später gute Dienste erweisen. Habt Ihr diese Anzeige aktiviert, färbt Lightroom überstrahlte Bereiche rot und vollständig schwarze Bereiche blau ein. In beiden Bereichen sind keine Bildinformationen mehr vorhanden. Doch dazu später mehr.
Bei der ersten Betrachtung des Bildes fällt auf, dass das zweite Schiff am rechten Rand ungünstig angeschnitten ist. Es ragt nur die Spitze ins Bild. Im Idealfall fällt einem sowas bereits vor Ort beim Blick durch den Sucher auf und man wählt einen besseren Bildausschnitt. Hier ist es wohl nicht aufgefallen, also korrigieren wir es nachträglich.
Mit dem Werkzeug "Freistellungsüberlagerung" im Werkzeugbereich zwischen den Grundeinstellungen und dem Histogramm (gestricheltes Rechteck) wird das Bild beschnitten. Wenn Ihr mit der Maus über die Symbole fahrt und einen Moment über dem Symbol mit der Mouse wartet, zeigt Lightroom den Namen des Werkzeugs an. Da wir das Seitenverhältnis wie beim Originalbild beibehalten möchten, muss in der Einstellung "Seitenverhältnis" die Auswahl "Wie Aufnahme" gewählt werden. Somit sorgt Lightroom automatisch dafür, dass beim Beschneiden das Verhältnis von (in diesem Fall) 2:3 beibehalten wird. Wir wählen den Bildausschnitt so, dass nur die Spitze des zweiten Schiffs verschwindet.
Die Auswahl bestätigt Ihr einfach mit der Enter-Taste oder per Mouseklick auf die Schaltfläche "Fertig".
Zu Beginn haben wir im Histogramm die Anzeige der Tiefen- und Lichterbeschneidung aktiviert. Lightroom zeigt nun die überstrahlten und zu dunklen Bildbereiche an. Bei diesem Bild entstanden überstrahlte Bereiche vor allem durch die Beleuchtung des Gebäudes und der Straßenlaternen. Zu dunkle Bildbereiche hingegen sind nicht vorhanden. Überstrahlte Bereiche werden rot markiert bzw. eingefärbt.
Um die Überstrahlung zu korrigieren, wird der Wert für "Lichter" im Bereich "Grundeinstellungen" auf -100 gesetzt. Somit holen wir aus den überstrahlten Bereichen noch einiges an Bildinformationen heraus. Bei den weiß strahlenden Fenstern kann man nicht allzu viel machen. Diese bleiben auch nach dieser Korrektur "ausgebrannt". Vor allem aber im Bereich der beleuchteten Gebäudefassade lässt sich einiges rausholen. Zusätzlich zur Korrektur der Lichter hellen wir die dunklen Bildbereiche etwas auf und setzen den Wert für "Tiefen" auf +20. Dabei empfiehlt es sich die Ansicht mal auf 100% zu nehmen und in dunkleren Bereichen des Bildes zu schauen, was die Anhebung des Wertes "Tiefen" bewirkt. Setzt man diesen Wert zu hoch, d.h. hellt man die dunklen Bereich zu sehr auf, entsteht in den dunklen Bereich schnell Rauschen. Deshalb sollte man mit diesem Wert vorsichtig hantieren. Wieviel man aus überstrahlten und zu dunklen Bildbereichen rausholen kann, hängt auch stark von Eurer Kamera und dem darin verbauten Sensor ab. Bei hochwertigen Sensoren wie z.B. einem Vollformatsensor lässt sich in der Regel mehr rausholen als bspw. bei einem APS-C Sensor.
Bringen wir nun etwas Farbe ins Spiel :-) Das Ausgangsbild ist etwas "flau" und kann ruhig etwas mehr Kontrast und Farbe vertragen. Den Wert für "Dynamik" setzen wir auf +60. Für mehr Kontrast sorgen wir mit der Anhebung der Werte "Kontrast" auf +15 und "Schwarz" auf -5. Gleichzeitig nehmen wir die Sättigung etwas zurück auf -10. Warum? Der Unterschied zwischen Dynamik und Sättigung ist folgender: Dynamik hebt die weniger gesättigten Farben bzw. Bereiche im Bild stärker an als bereits gut gesättigte. Sättigung hingegen wirkt auf alle Farben, unabhängig davon wie stark diese schon gesättigt sind. Da wir den Wert für Dynamik relativ hoch auf +60 setzen und gleichzeitig die Scharz- und Kontrastwerte anheben, werden einige Bereich leicht übersättigt. Um dies zu korrigieren, nehmen wir die Sättigung etwas zurück. Farbgebung ist sicherlich immer subjektiv, der eine mag es weniger bunt, der andere eben mehr. Wichtig ist grundsätzlich, dass die Farben nicht übersteuern. Achtet bei der Anpassung der Kontrast- und Scharzwerte auch weiterhin auf die "Tiefenbeschneidung", also die scharzen Bereiche ohne Bildinformation. Werden diese Bereiche zu groß bzw. zu großflächig, so nehmt die Kontrast- und Schwarzwerte lieber etwas zurück. Vollständig schwarze Bereiche im Bild sind nicht grundsätzlich schlecht oder zu vermeiden. Werden diese aber zu groß oder zu stark, "matschen" diese schnell zu.
Da wir die dunklen Bildbereiche mit der Tiefenkorrektur etwas aufgehellt haben, ist in diesen Bereich nun leichtes Rauschen entstanden. Diese kommen bei der Ansicht in 200% gut zur Ansicht.
Um dies zu korrigieren, setzen wir den Wert für die Rauschreduzierung bei Luminanz auf 25. Dadurch verliert das Bild etwas an Schärfe und um dem entgegenzuwirken, wird der Wert für "Details" auf +85 gesetzt. Damit bleiben Details besser erhalten. Durch die vorangegangen Kontrast- und Farbanpassungen ist zudem leichtes Farbrauschen entstanden. Auch das korrigieren wir durch Anpassung des Werts "Farbe" auf 100. Insgesamt kann das Bild jetzt noch etwas mehr Schärfe vertragen. Dazu wird der Wert "Betrag" im Bereich "Schärfen" auf 40, der Wert "Radius" auf 1,2, "Details" auf 45 und "Maskieren" auf 83 gesetzt. Am wichtigsten ist das sogenannte "Maskieren". Damit sorgt Ihr dafür, dass das Schärfen nur auf im Bild vorhandene Kanten und nicht flächig angewendet wird. Wenn Ihr beim Ziehen des Reglers "Maskieren" die Alt-Taste gedrückt haltet, seht ihr auf welche Bereiche sich das Schärfen auswirkt. Alles, was dabei weiß eingefärbt wird, wird auch geschärft.
Weiter gehts mit der Entfernung von Sensorflecken, die bei diesem Bild deutlich im Himmel zu sehen sind. Dazu nehmt ihr das Bereichsreparatur-Werkzeug, setzt das Werkzeug auf den Fleck im Himmel und wählt als Korrekturbereich einen naheliegenden Bereich ohne Fleck. Meist findet Lightroom von selbst einen guten Bereich.
Dieses Bild ist zur blauen Stunde aufgenommen, also kurz nach Sonnenuntergang. Zu dieser Zeit sorgt das Restlicht meist für eine schöne blaue Färbung des Himmels. In diesem Fall kann der Himmel ruhig mehr Blau vertragen. Um das Blau anzuheben, wählen wir im Bereich "HSL / Farbe / S/W" die Kategorie "Luminanz" und setzen den Wert für "Blau" auf -35. Wie blau Ihr den Himmel haben wollt, hängt von Eurem eigenen Geschmack ab. Achtet auch hier darauf, dass das Blau nicht übersteuert.
Nun ist die rechte obere Ecke des Himmels noch etwas hell und weniger blau, weil die Sonne rechts untergegangen ist und es somit dort bei der Aufnahme des Bilds heller war als links im Bild. Um dies zu korrigieren, nehmen wir das Verlaufsfilterwerkzeug und ziehen einen Verlauf schräg von rechts oben nach links unten. Anschließend setzen wir den Wert für "Tönung" auf +55. Damit bekommt auch die rechte obere Ecke einen schönen Blauton.
Einen zweiten Verlauf ziehen wir von unten nach oben und ändern dort die Werte für "Temp." auf 19 und "Tönung" auf 50. Damit wird die Farbtemperatur erhöht und das Bild wirkt wärmer. Das macht sich vorallem bei der Beleuchtung im Bild bemerkbar. Außerdem sorgt die Änderung des Tönungswerts dafür, dass der untere Bildbereich einen violettfarbenen Touch bekommt. Beide Anpassungen passen prima zur Abendstimmung.
Ziemlich am Anfang haben wir die Lichter (überstrahlte Bereiche) korrigiert. Das hat auch dazu geführt, dass dem Bild nun etwas "Strahlen" fehlt. Um das wieder ins Bild zu holen, heben wir die "Hellen Mitteltöne" etwas an.
Mit dem gesetzten Verlauf im unteren Bereich des Bildes haben wir bereits die Tönung des Bilds verändert und dem diesem einen leicht vanille- und violettfarbenen Touch gegeben. Um das abschließend noch etwas zu verstärken, passen wir die Farbtonung in den Lichtern und Schatten noch etwas an. Um die Lichter noch etwas "cremiger" und die Schatten violettfarbener zu machen, wird der Farbton für die Lichter auf 40 und für die Schatten auf 255 gesetzt. Die Sättigung beider Bereiche wird nur leicht erhöht.
Das Ergebnis kann sich nun sehen lassen und gefällt! Hier der Vorher-Nachher-Vergleich.
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